Vorweg möchte ich gleich erwähnen, dass wir hier länger als geplant blieben, weil es Marek echt schlecht ging (bin ich froh, dass ich das in der Vergangenheit schreiben kann). Desweitern hat diese Stadt im Andenhochland touristisch nicht viel zu bieten, so steht es zumindest im Lonely Planet und auch auf den Internetseiten konnte ich kaum Informationen über die Stadt herausfinden. Trotzdem habe ich hier sehr viel erleben dürfen. Doch zunächst zu Mareks Gesundheitszustand: das Fieber wollte und wollte nicht sinken und er fühlte sich auch sehr matt und kraftlos !
Nach fünf Tagen wussten wir nicht mehr weiter und so beschlossen wir zum Arzt zu gehen. Und das war eine gute Entscheidung, denn die Ärztin diagnostizierte eine Grippe durch Bakterien verursacht und so verschrieb sie ihm Antibiotika. Ab dann wurde es gut und Marek ging es von Tag zu Tag etwas besser. Bin ich froh !
Da Marek noch Bettruhe von mir verordnet bekam, entdeckte ich Latacunga alleine. Anfänglich war diese kleine Stadt etwas befremdlich: keine Touristen, niemand spricht Englisch und ich fand keinen gemütlichen Rückzugsort. Rasch lernte ich dann aber den Charme und das Ursprüngliche zu schätzen. Ich lernte viel Spanisch und hatte das Glück, das zweimal im Jahr stattfindende Fest "Mama Negra" zu erleben.
Diese Festlichkeiten werden zu Ehren der "lady of mercy" gehalten. Es herrschte zwei Tage kompletter Ausnahmezustand in den Straßen der Altstadt und das Treiben erinnert mich sehr an Fasnacht, allerdings von allem mehr ! Hunderte von Menschen in bunten Trachten tanzten zur gewöhnungsbedürftigen Musik durch die Straßen und viele weitere bestimmte Figuren, mit phantasievollen Masken hüpften durch die Gegend. Aber die Schweine stahlen allen die Show: mehr als 30 gekreuzigte Schweine, Meerschweinchen und Hühner, dekoriert mit Rumflaschen, Zigaretten und der ecuadorianischen Flagge, wurden von Jung und Alt durch die Stadt getragen – Wahnsinn !
Welch ein Glück Zeugin dieses unglaublichen Treibens gewesen zu sein; so hat Mareks Krankheit auch schon wieder etwas Gutes !
Mein zweiter Ausflug führte mich zur Lagune von Quilotoa, ein See im Krater des noch aktiven Vulkanes von Quilotoa. Der liegt allerdings fast 65 km von Latacunga entfernt und da es keine Touris gab und somit auch keine geführten Touren zu Stande kamen, musste ich mir einen Fahrer organisieren. Aber alles klappte und "Winni" konnte mir auch einiges zu der Natur und der Geschichte der Quechua (indigenes Volk in dieser Region - nicht zu verwechseln mit dem spanischen Outdoorgeschäft ;-) ) erzählen.
Die Fahrt führte durch trockenes und karges Hochland auf fast 4000 Höhenmetern ! Die Landschaft ist großartig und vielfältig; zunächst ging es durch Flickenteppiche aus Feldern und Wald hoch zum Paramo mit seinen im Wind schwingenden Gräsern. Unterwegs passierten wir ein Dorf namens Tigua, welches durch Malereien vom Leben auf dem Land auf Schafsleder zu weltweiter Berühmtheit gelang. Vorbei ging es weiter an den immens großen Rio Tachi Canyon und nach einer zweistündigen Fahrt erreichten wir dann die Lagune: der See schimmerte smaragdgrün (das liegt an den Mineralien im See) und bei strahlendem Sonnenschein konnten wir sogar die Vulkane Illiniza und Cotopaxi sehen - wiedermal ein unglaublich schönes Naturphänomen !
Mit einem Grinsen im Gesicht kam ich nach fünf Stunden wieder zurück nach Latacunga und mein Grinsen verstärkte sich, als ich sah, dass es Marek wieder etwas besser ging - bin ich froh !
Nach sechs Tagen Zwangspause konnten wir dann weiter ziehen, natürlich zum nächsten Vulkan, davon gibt`s hier ja massig (insgesamt 62, so berichtete Winni) !
So heißt unser nächstes Ziel Banos, ein kleiner touristischer Ort, der am Fuße des sehr aktiven Vulkans Tunguruhua liegt. Aber keine Sorge, wir haben uns informiert und uns wurde gesagt, dass er im Moment recht friedlich ist, nachdem er in diesem Jahr bereits schon mehrere Male ausgebrochen ist.
Schon mal die Fahrt von Latacunga nach Banos war zauberhaft schön, denn wir fuhren bei strahlend blauem Himmel und einer tollen Fernsicht die Avenue der Vulkane entlang - wir konnten uns an diesen Giganten kaum satt sehen. Da wir Mareks sich langsam verbessernden Gesundheitszustand nicht gefährden wollten, gönnten wir uns für diese 85 km ein Taxi. Das war sehr bequem, schnell und die Frau + Kinder unseres Taxifahrers hatten auch einen schönen Familienausflug, denn die drei fuhren alle auf dem Beifahrersitz mit.
Banos gehört zu den verlockendsten und beliebtesten touristischen Reisezielen in Ecuador, was uns nicht verwundert. Sehr idyllisch liegt dieses quirlige Örtchen am Fuße des ziemlich aktiven Vulkanes Tunguruhua (im Moment verhält er sich eher gentlemanlike und pafft nur etwas Asche) und ist mit üppigen grünen Gipfeln gesäumt, mit vielen Thermalbädern bestückt und es hat sogar noch einen herrlichen Wasserfall. Wir hatten das Glück mit Sicht zu diesem schönen Wasserfall einschlafen zu dürfen. In der Tat fanden wir es auch beide mal wieder so richtig gut in einem etwas touristischeren Ort zu sein, denn so konnten wir mal wieder lecker Cappu trinken und Pizza essen und ich erfreute mich an der Vielzahl der vegetarischen Gerichte.
Marek war immer noch in seiner "Rekonvaleszenz", so erkundete ich die Umgebung zunächst alleine. Ich unternahm eine sehr schweißtreibende Wanderung zu dem Aussichtspunkt Bellavista, oben angekommen wurde ich mit einer super schönen Aussicht über die Stadt belohnt. Des Weiteren unternahm ich noch eine Mountainbike Tour zu verschiedenen Wasserfällen entlang der "Ruta de Cascadas". Nach einer Stunde Fahrt im strömenden Regen gab ich die Mission allerdings auf – schade !
Natürlich wiederholte ich die Tour, aber dieses Mal mit Marek und einem wetterunabhängig Verkehrsmittel: dem Bus. So erfreuten wir uns gemeinsam an dem spektakulären Wasserfall "Páilon del Diablo" und waren richtig fasziniert mit welcher Wucht und welchem Getöse die Wassermassen hier in die Tiefe stürzen.
Wie oben schon geschrieben, hatten wir mit dem Wetter etwas Pech, weil es doch sehr viel regnete. Dennoch ließen wir uns nicht unterkriegen und besuchten die Orte, die uns besonders wichtig waren. So fuhren wir trotzdem zur Giant Swing (Riesenschaukel) am Casa de Arbol (Baumhaus). Normalerweise hat man hier einen phänomenalen Ausblick auf den Tunguruhua, bei uns war leider alles nur eine weiße Suppe. Einmal wollten wir den Unruhigen auf alle Fälle mal sehen und da es nachts meist aufklarte, fuhren wir bei Dunkelheit zu einem Aussichtspunkt. Und wir hatten Glück, denn zur Musik von Major Tom zeigte sich der Gigant von einer seiner schönsten Seiten: ohne Wolken nur mit einem kleinen Aschewölkchen - wir waren glücklich !!!
Banos werden wir in sehr guter Erinnerung behalten, da es wirklich ein sehr einladender Ort ist, um einfach mal die Seele baumeln zu lassen und für Marek war unser etwas längerer Aufenthalt hier optimal um vollkommen gesund zu werden. So sind wir jetzt beide top fit und freuen uns auf das nächste Ziel in Ecuador.
Endlich fuhren wir mit dem Bus mal so richtig kreuz und quer durch die Anden. Sieben Stunden waren wir unterwegs und diese Fahrt ist wahrlich nichts für schwache Mägen, denn es folgte Kurve um Kurve und wir waren als Mitfahrer gefordert nicht von den Sitzen zu rutschen. Die unsagbaren schönen Landschaften (wie zum Beispiel der Chimborazo - höchster Berg Ecuadors mit 6310 m - und eigentlich der ganzen Welt, wenn man vom Erdmittelpunkt aus misst ! ) ließen uns aber über diese Anstrengungen locker hinwegsehen.
Sehr oft wird die koloniale Pracht Cuencas mit Quito verglichen, doch Cuenca schneidet laut den Reiseführern besser ab, weil sie mehr Charme zu bieten habe, deshalb wird sie auch gerne liebevoll "die Perle des Südens" genannt. Uns erinnert sie doch ein wenig an Freiburg, denn auch hier gibt es kopfsteinpflasterte Straßen und mitten durch die Stadt schlängelt sich ein kleiner Fluss, ganz nach dem Vorbild der Dreisam.
Wir waren nicht ganz so beeindruckt von Cuenca und finden, dass das Städtchen etwas überbewertet wird. Dennoch hatten wir eine schöne Zeit hier. Wir bummelten durch die Straßen und entlang des Flusses Tomebamba, genossen den Ausblick auf die grandiosen blauen Kuppeln der neuen Kathedrale und schlürften lecker Eis, denn an jeder Ecke gibt´s hier Eisdielen mit riesen Menschenschlangen davor (nach einer leckeren Kugel Eis, wissen wir auch warum ! ).
An unserem Kulturtag waren wir leider nicht ganz so erfolgreich, weil zwei Museen der drei, die wir besichtigen wollten geschlossen waren bzw. gerade renoviert wurden. Glücklicherweise blieb uns noch das "Museo del Sombrero de Paja Toquilla" - ein beschaulicher Ort, um zu sehen wie die berühmten Panamahüte hergestellt werden und wie sich der Stil der Hüte der Mode der Zeit angepasst hat. Der Hut steht Marek aber gut, gell :-) !
Auf dem Sonntagsmarkt in Gualaceo haben wir so richtig live erlebt, wie eines der Nationalspeisen Ecuadors: "Cuy" zubereitet wird, d.h. niedliche kleine Meerschweinchen werden aufgespießt und gegrillt. Das ist sehr, sehr gewöhnungsbedürftig, da die süßen Kleinen bei uns doch eher als kuschelige Haustierchen bekannt sind. Es gibt Momente, da bin ich sehr froh, Vegetarierin zu sein; Marek mutiert auch immer mehr dahin !
Unseren letzten Tag widmeten wir wieder voll und ganz der Natur: dem atemberaubend schönen, sehr kühlen, nassen und moorähnlichen Nationalpark Cajas. Geplant war, dass wir mit den öffentlichen Bussen dort hochfahren (auf rund 4000 m), was normalerweise in Südamerika kein Problem darstellt, denn die Busse halten immer und überall. Dieses Mal hatten wir bereits das erste Problem damit, in den Abfahrtsbereich der Busse zu kommen, denn dafür mussten wir 10 Cent bezahlen und zwar exakt abgezählt. Wir hatten nur einen Dollar, den konnte natürlich niemand wechseln... nerv ! Auch weiter bekamen wir heute keine Auskunft, wo und wann der Bus abfahren sollte - irgendwann hatten wir die Faxen dicke und schnappten uns ein Taxi und kamen dann endlich in den Genuss unseres gemütlichen Ausfluges in die Natur. Die Landschaft dort oben ist mal wieder sehr mystisch, zumal es auch ständig regnete und die Wolken sehr tief waren, doch trotz dieses grauen Wetters leuchteten die Moose, Flechten und Blumen in den unterschiedlichsten Farben. So waren wir, trotz komplett durchnässter und dreckiger Schuhe überglücklich, diese Atmosphäre und die Klasse Landschaft gesehen zu haben. Das erklärt auch, warum ich später die Dienste eines Schuhputzers in Anspruch nahm (allerdings haben meine Schuhe jetzt eine andere Farbe :-) ).
So langsam heißt es für uns Abschiednehmen von Ecuador und auf geht´s nach Peru !
Erneut fuhren wir mit dem Bus wieder kreuz und quer durch die "nicht - enden - wollenden" Anden. Kaum hatten wir uns endlose Serpentinen nach oben geschraubt um anschließend in die Tiefe zu rasen, wiederholte sich das Schauspiel aufs Neue. Wenn wir aus dem Fenster schauten, war es als ob wir eine Doku über das Leben in den Anden sehen würden - nur viel faszinierender. Relativ rasch, nach fünf Stunden hatten wir unser weniger touristisches relevantes Ziel, die Stadt Loja erreicht. Wir machten uns gleich auf die Stadt zu erkunden und es gefiel uns sehr gut, was wir da sahen. Eine gemütliche, künstlerisch angehauchte Stadt mit einem schönen Kern zum Flanieren und das nutzen wir auch gut.
Denn Morgen heißt es erneut im Bus sitzen und zwar 10 Stunden bis zu unserem ersten Ziel in Peru.